Auch wenn im 21. Jahrhundert Kladow immer noch keine Bahnverbindung hat, so gab es dennoch Pläne früheren Zeiten.
1890er
Als in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts Cladow als Ausflugsziel und Siedlungsort entdeckt wurde, begannen auch bald Überlegungen zu einer angemessenen Verkehrsanbindung. Besonders vielfältig waren im Laufe der folgenden Jahrzehnte die Planungen, die sich mit einem möglichen Schienenverkehr beschäftigten. Die amtlichen Unterlagen zeigen eine bunte Mischung aus Utopie und Realismus. Am 24.1.1898 schlug der Landrat des Kreises Osthavelland in Nauen ein Bahnprojekt zur Verbindung der Städte Spandau und Potsdam vor. Die Strecke sollte in Cladow über den Krampnitzer Weg nach Nedlitz führen.
Vorgesehen war für die Linie Spandau – Nedlitz eine Straßenbahn mit Dampfbetrieb, von Nedlitz nach Potsdam sollte dann eine elektrische Straßenbahn mit Akkumulatorenbetrieb fahren. Zwischen 7 und 22 Uhr waren täglich 6 Fahrten im Abstand von 3 Stunden gedacht. Die Cladower hätten so für 30 Pfg. entweder nach Potsdam oder nach Spandau fahren können. In ihrer Sitzung vom 3.6.1899 beschloss die Gemeindevertretung von Cladow einen Antrag auf Errichtung einer schmalspurigen Dampfbahn an den Kreisausschuss des Kreises Osthavelland zu stellen. Danach sollte die Bahnstrecke etwa über den heutigen Schallweg geführt werden, weil der Bauer Carl Hönow sich weigerte, Grundstücke in größerer Ortsnähe zur Verfügung zu stellen. Auch die Anlage eines Bahnhofs war geplant.
1900er
Am 6.1.1901 teilte der Magistrat von Spandau der Gemeindevertretung Cladow mit, dass der zuständige Minister die Erlaubnis zu Vorarbeiten einer Eisenbahn von Spandau nach Cladow erteilt hatte. Über Ansätze gedieh aber auch diese Planung nicht hinaus.
Nach dem 1. Weltkrieg, am 6.8.1919, fand der Spandauer Magistrat den Bau einer Straßenbahn nach Cladow sehr positiv, aber an eine Verwirklichung wäre zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken. 1920 wurde Cladow aus dem Kreis Osthavelland ausgegliedert und mit Gatow und Spandau in Groß-Berlin eingemeindet. Damit gingen den Fachleuten die Ideen zur Schienenverbindung Spandau – Kladow aber nicht aus.
1920er
Schon am 28.11.1924 wurden Planungen für eine Schnellbahn nach Kladow zu Papier gebracht, aber genauso schnell wieder fallen gelassen. Am 29.11.1926 stellte für die Strecke Spandau – Kladow u. a. ein Herr Kruckenberg sein Projekt einer” Blitzbahn” vor, eine von Propellern angetriebene Hängebahn mit einer Geschwindigkeit von 360 km pro Stunde. Eine ebenfalls vorgeschlagene Schnellstraßenbahn sollte immerhin auf 22,5 km pro Stunde kommen.
Der Plan einer Normal-Eisenbahn wurde sofort wegen der Ausweisung der Orte Gatow und Kladow als reine Wohngebiete abgelehnt. Auch dem Vorschlag einer Schnellbahn, die von der Heerstraße bis Gatow als Tunnelbahn gedacht war, wurde wenig Aussicht auf Erfolg eingeräumt. Der Magistrat von Spandau sah ohnehin andere Strecken, z. B. von Ruhleben zum Rathaus, für vordringlicher an.
Am 2.8.1927 beschäftigte sich das Städtebauamt Berlin mit verschiedenen Vorschlägen. Dabei wurde auch ein Übergang über die Havel bei Gatow erörtert. Stadtrat Hahn wollte gerne die U-Bahn von Dahlem nach Kladow weiterführen.
1930er
Das ausgereifteste Konzept für eine Straßenbahnlinie entstand Mitte der dreißiger Jahre. Der Bau der Kasernen in Hottengrund, die Anlage des Flugplatzes Gatow, die Errichtung der Siedlungen für Arbeiter und Soldaten, nicht zuletzt die Verdoppelung der Einwohnerzahl Kladows innerhalb weniger Jahre drängten nach einer angemessenen Verkehrsanbindung mit Spandau und Berlin.
Die Planungsunterlagen der BVG umfassten die Trassenführung auf der rechten Seite des Kladower Damms (von Spandau aus gesehen), die Veränderung des Straßenprofils, Einrichtung der Haltestellen, Fahrpläne und Betriebskosten. Als Gesamtkosten waren 2,8 Millionen Reichsmark vorgesehen, davon 250.000 RM für Grundstücksankäufe.
Im Dreieck zwischen Kladower Damm, Ritterfelddamm und heutigem Eichelmatenweg war die Endhaltestelle mit Kehrschleife geplant (s. Abb.). Das Bauamt Spandau begann mit Verhandlungen zum Erwerb der erforderlichen Grundstücke. Der 2. Weltkrieg setzte auch diesem Vorhaben ein Ende. Aber es gibt auch heute noch sichtbare Spuren. Der breite Streifen am Kladower Damm entlang des Flughafengeländes gegenüber dem Krankenhaus Havelhöhe zeigt einen Teil der beabsichtigten Trassenführung.
Warum allerdings der heutige Mascha-Kaléko-Weg (bis 1995 Straße 179) vom Wasserwerk bis zum Tor des ehemaligen Lehnschulzengutes Neukladow auf einer Karte von ca. 1934 in einem überschwänglichen Vorgriff “Bahnhofstraße” heißt, kann nur vermutet werden. Hier sah der Bebauungsplan des Kladower Architekten Albert Geßner von 1920 einen Bahnhof für seine Haveluferbahn vor, die dann bei Gatow durch einen Haveltunnel zum Grunewald geführt werden sollte.
Rainer Nitsch
Quellen: 1. Landesarchiv Berlin, Rep. 208, Acc. 2423, Nr. 9765 Verkehrsangelegenheiten Cladow 1898 ·1937 2. Landesarchiv Berlin, Rep. 208, Acc. 2500, Nr. 9827 Schnellbahn Berlin – Spandau – Kladow 3. Landesarchiv Berlin, Rep. 208, Acc. 2500, Nr. 9825 Bau einer Straßenbahn nach Gatow – Kladow 4. Albert Geßner: Vorschlag zu einem Bebauungsplan für Cladow an der Havel (1920), Original: Ulrich Schütze 5. Geheimes Staatsarchiv Berlin, Allg. Kartensammlung A 50.156/2 Westermanns Plan Groß-Berlin ca. 1934