

Weitere Informationen
– Vorwort >>
– Inhaltsverzeichnis >>

Kladow im Frühjahr 1945 – Vorwort
Frühjahr 1945: Wie mag es damals in Kladow ausgesehen haben? Wie haben die Kladower diese Zeit erlebt, die Endphase des 2. Weltkriegs und die russische Besatzungszeit? Diese Fragen stellte sich die Gruppe „Werkstatt Geschichte“ Ende der 1980er-Jahre.
Zwar gab es in unserem Archiv damals bereits einige schriftliche Erinnerungen an Kladow in dieser Zeit, aber sie waren nicht umfassend genug, um eine angemessene Antwort auf unsere Fragen zu erhalten. Also stellten wir uns die längerfristig angelegte Aufgabe, mehr zu erfahren, indem wir Kladowerinnen und Kladower nach ihren Erlebnissen befragten, wenn sie sich dazu und zu einer möglichen Veröffentlichung bereit erklärten. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 haben vor allem unsere Mitglieder Anne Lange und Gerda Holtz Interviews und Gespräche geführt und verschriftlicht. Die dadurch allmählich entstandene kleine Sammlung über Erfahrungen von Zeitzeugen wurde ergänzt durch uns zugesandte Briefe und Erinnerungen.
Als dieser Erfahrungsschatz aufgrund anderer Aktivitäten der Werkstatt fast in Vergessenheit geraten war, wurde vor ungefähr acht Jahren überlegt, wie man diese Aussagen und Texte in geeigneter Weise den Kladowerinnen und Kladowern zur Kenntnis bringen könnte. Ein fortlaufender Abdruck in unserer Zeitung Treffpunkte wurde schnell verworfen, da diese Vorgehensweise einen viel zu langen Zeitraum in Anspruch genommen hätte. Eine Broschüre in Form einer unkommentierten Dokumentation erschien uns ebenfalls ungeeignet, weil dadurch der vor allem für jüngere Leser erforderliche Kontext gefehlt hätte. Schließlich fand der Vorschlag Zustimmung, diese Quellen in geeigneter Weise in eine Veröffentlichung über die Situation in Kladow im Jahr 1945 einzubinden, auch wenn in diesem Fall nur Auszüge aus dem Material Verwendung finden würden. Im weiteren Verlauf der Diskussion grenzten wir die zu betrachtende Zeitspanne unter Berücksichtigung der uns für die Recherche und das Schreiben der Texte zur Verfügung stehenden personellen Kapazitäten ein und fanden so auch unseren Titel: „Kladow im Frühjahr 1945“. Nachdem die Textentwürfe für die drei vorgesehenen Kapitel fertiggestellt waren, kam es dann leider noch einmal zu einer sehr langen Unterbrechung unserer Arbeit, sodass wir besonders froh sind, unser kleines Buch noch im Jubiläumsjahr 2025, dem 80. Jahrestag des Kriegsendes, veröffentlichen zu können.
Gegenüber dem unbeschreiblichen Leid der Menschen und dem kaum vorstellbaren Ausmaß an Zerstörung und Tod, das auf den Eroberungs- und Vernichtungskrieg der deutschen Truppen zurückzuführen ist, erscheinen die Ereignisse in Kladow im Frühjahr 1945 marginal, aber für die betroffenen Einwohner waren sie gefährlich, z. T. sogar lebensgefährlich – ein weiterer Grund dafür, dass viele das Ende des Krieges nicht als Befreiung erlebten. Bei den Aussagen der Zeitzeugen geht es um das nachvollziehbare persönliche Schicksal, um die individuelle Perspektive des Erlebens, die aber weder aus der Sicht der Befragten noch aus der Sicht der Autoren dieses Buches als Relativierung des von Deutschen begangenen Unrechts zu verstehen ist.
Es gibt nur wenige offizielle Quellen über die letzten Kriegstage in der Region, da sich die nationale und internationale Geschichtsschreibung sowie die in den fünfziger Jahren boomende Erinnerungsliteratur von deutschen Militärs und ehemaligen Nationalsozialisten auf den „Endkampf“ im Zentrum Berlins, und hier besonders auf die Reichskanzlei, konzentriert hat. So war es nur möglich, aus vielen verstreuten Aussagen und Angaben ein ungefähres Bild des Kriegsverlaufs in der Umgebung von Kladow zu gewinnen, ohne dass der Wahrheitsgehalt der Informationen immer anhand anderer Quellen überprüft werden konnte.
Da unsere Texte aus diesen und anderen Gründen ergänzungs- und korrekturbedürftig sind, freuen wir uns über jede hilfreiche Rückmeldung an die Mail-Adresse: geschichte@kladower-forum.de.
Peter Streubel





