1951 – Kladow verändert sich

Es gibt sie tatsächlich! Die Glücksfälle in der Erforschung der Entwicklung Kladows. Da entdeckt Andreas Kube – Mitglied der Werkstatt Geschichte – ein Fotoalbum mit einmaligen Aufnahmen. Der Vater des Albumbesitzers war bei einer Straßenbaufirma beschäftigt und dokumentierte die Fortschritte der Arbeiten durch Fotos. In diesem Album befinden sich über 50 Aufnahmen von der Begradigung des Kladower Damms im Jahr 1951.

Bis zu diesem Jahr bog der Kladower Damm – früher Spandauer Chaussee – von Gatow kommend vor dem Cladow Center nach rechts ab und verlief durch die Kurve am Haus Kladower Forum vorbei. Er stieß damit direkt auf den Dorfplatz vor der Kirche. Die Verbindung ging den Havelberg – Alt-Kladow – hinunter und endete an der Havel. Eine alte Baumallee vor dem Cladow Center an der Ecke zum Ritterfelddamm kennzeichnet heute noch den alten Straßenverlauf. Durch Jahrhunderte war Kladow als Schiffer- und Fischerdorf zur Havel ausgerichtet, dessen natürlicher Hafen durch die vorgelagerte Sandbank – Insel Imchen – besonders geschützt war.

Alte Kladower erzählen, dass das Innere der Dorfkirche ursprünglich diesem Charakter u.a. durch Schiffsmodelle, die von der Decke hingen, Rechnung trug. Aber schon im ausgehenden 19. Jahrhundert gab es nur noch wenige Kladower, die durch Fischfang oder gewerbliche Boots- oder Kahnbesitzer ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Im Archiv der evangelischen Kirchengemeinde Kladow befinden sich Handzeichnungen vom damaligen Pfarrer Martin Paul Schall, die bereits den Straßenverlauf durch den Pfarrgarten und den Hof des Bauerngutes Marzahn vorsahen. Diese Idee wurde zwar damals nicht verwirklicht, aber auch nicht vergessen. Die glatte Durchfahrt durch Kladow Richtung Sacrow stand 1941 wieder auf dem Programm. Die Stadt Berlin kaufte den schon lange nicht mehr bewirtschafteten Hof des Bauern Marzahn auf. Der 2. Weltkrieg verhinderte zunächst die Arbeiten.

 Bauernwohnhaus Marzahn 1951

Die erste Aufnahme zeigt links das Bauernwohnhaus Marzahn (das restaurierte Haus Kladower Forum) und den Verlauf des Zauns zum Pfarrhaus hin. Das Foto gibt den Zustand vor Beginn der Arbeiten am Straßenbau wieder. Zwischen Bauernwohnhaus und Pfarrhaus erstreckt sich hinter dem Holzzaun der Pfarrgarten.

Kladower Damm 1951

Im zweiten Bild sind die Arbeiten fast abgeschlossen. Jedenfalls fahren die Busse schon auf der neuen Trasse und müssen nicht mehr durch die enge Kurve und im Kreisverkehr vor der Kirche bis zur Haltestelle vor dem Konfirmandensaal. Die Fassade des ehemaligen Küster- und Schulhauses, dann Kaiserliche Poststation, links ist zwar schon vom Stuck befreit, aber kein Schaufenster zeigt, dass Alwin Jäkel seinen Zeitungs- und Süßwarenladen bereits eingerichtet hat. Zwischen dem Giebel des Marzahnschen Bauernwohnhauses und dem Bus wird noch ein altes Stallgebäude sichtbar, der Rest des ehemaligen Bauernhofes. Rechts hinter den Bäumen verborgen liegt das Pfarrhaus. Die Begradigung des Kladower Damms dokumentiert den Anspruch einer neuen Zeit. Das Dorf war danach nicht mehr so, wie es durch Jahrhunderte bestanden hatte. Die Bauernhöfe rings um den Dorfanger mit der Kirche verloren genauso an Bedeutung wie die Ausrichtung auf die Havel.

Übrigens: Auch der Straßenverlauf in Gatow wurde zu derselben Zeit begradigt. Diese einmaligen Fotografien in hervorragender Qualität verdanken wir in erster Linie dem Spürsinn und der Vermittlung von Andreas Kube. Dafür sind wir dankbar.
Rainer Nitsch

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